Ist Fleischkonsum Sünde?

Leben
Ist Fleischkonsum Sünde?

Ellen White und Vegetarismus

Vegetarische Ernährung wird immer mehr zum Trend. Die Gründe dafür sind jedoch verschieden. Ob Tierwohl, Umwelt- oder Gesundheitsaspekte – das Spektrum ist breit. Bereits Ellen G. White widmete sich der Thematik einer fleischlosen Ernährungsweise. Wie sie dem Vegetarismus gegenüberstand, hat Johannes Kovar hier zusammengetragen.

Die historische Entwicklung
In den USA gab es außerhalb der Adventgemeinde eine Bewegung zur Gesundheitsreform, die auch Vegetarismus unterstützte. Allerdings fanden sich unter den frühen Adventisten nur wenige Leute, die Schweinefleisch als nicht dem Willen Gottes entsprechend ablehnten (Familie Haskell) bzw. vegetarisch lebten (Joseph Bates schon vor 1844).

Erst mit der Vision Ellen Whites vom 6. Juni 1863 hielt die Gesundheitsbotschaft Einzug bei den frühen Adventisten. Die Vision machte klar, dass Fleischgenuss nicht dem Willen Gottes entsprach. Ellen White schrieb dazu: „Ich habe Fleisch sofort aus meinem Speiseplan gestrichen“ (CD 487), auch wenn sie darauf hinwies, dass dies nicht bedeutete, dass sie von nun an völlig auf Fleisch verzichtete.

Aussagen Ellen Whites gegen Fleischverzehr
Ellen White rät in ihren Schriften dringend zu einer vegetarischen Ernährung. Sie schreibt, dass „durch den Verzehr von Fleisch die körperlichen, geistigen und sittlichen Kräfte geschwächt werden“ (CD 269), Fleisch verkürze die Lebenszeit (CD 373), vermindere die geistige Aktivität (CD 389), schwäche die Wahrnehmung und das Denken in Bezug auf Gott und die Wahrheit (CD 384), verschlechtere die sittlichen Kräfte (CD 382-383) und erzeuge Appetit auf Alkohol (CD 268-269).

Die ideale vegetarische Ernährung sei folgendermaßen: „Obst, Getreide und Gemüse, auf einfache Weise zubereitet, frei von Gewürzen und Fetten aller Art, bilden mit Milch oder Rahm (Sahne) die gesündeste Ernährung“ (CD 355). Ebenso sind Gemüse, Früchte und Körner (CD 380) sowie Nüsse empfehlenswert (MH 296-298).

Ellen Whites behutsames Vorgehen
Ellen White wusste, dass nicht jeder ihre Ratschläge sofort in seinem Leben umsetzen konnte. Zum Umstieg auf pflanzliche Kost empfahl sie: „Wenn eine Umstellung von der Fleischnahrung auf vegetarische Kost erfolgt, sollte man sehr darauf bedacht sein, dass weise gewählte und gut zubereitete Speisen auf den Tisch kommen“ (CD 108). Ihr war auch bewusst, dass dieser Weg „geduldig und schrittweise“ gegangen werden muss (3T 20-21).

Ellen White vertrat konsequent die Auffassung, dass die vegetarische Ernährung zwar eindeutig eine „Lehre“ der Kirche sei, aber kein „Test“ für die Kirchenmitgliedschaft unter Siebenten-Tags-Adventisten sein dürfe (9T 159). Sie stellte die vegetarische Ernährung als Teilbereich einer größeren Gesundheitsbotschaft dar. Sie sprach oft von dieser Gesundheitsbotschaft als vom „rechten Arm“ der dreifachen Engelsbotschaft aus Offenbarung 14.

So sehr Ellen White auch für eine vegetarische Ernährung eintrat, bestand sie doch nicht darauf, dass alle Menschen sich so ernähren sollten. Angesichts der Verantwortung des Christen, sich sowohl aus geistlichen als auch aus körperlichen Gründen um seine Gesundheit zu kümmern, lehrte sie, dass man die beste verfügbare Ernährung wählen sollte: „Wir geben keine genaue Linie für die Ernährung vor, aber wir sagen, dass in Ländern, in denen es reichlich Früchte, Körner und Nüsse gibt, Fleischnahrung nicht die richtige Nahrung für Gottes Volk ist“ (9T 159). Wenn man bedenkt, dass es zur Zeit von Ellen White gerade in der Winterzeit fast unmöglich war, frisches Obst und Gemüse zu bekommen, dann ist ihre Haltung durchaus als ausgewogen zu bezeichnen.

Ellen Whites persönliche Umsetzung von Vegetarismus
Kritiker von Ellen White behaupteten gelegentlich, sie habe zwar offiziell Vegetarismus propagiert, in Wirklichkeit aber heimlich weiterhin Fleisch gegessen. Diese Anschuldigungen sind natürlich nicht richtig. Tatsache ist, dass Ellen White ab der Vision von 1863 grundsätzlich auf Fleisch verzichtete. 1870 schrieb sie, dass kein „Fleisch in irgendeiner Form auf meinen Tisch kommt“ (2T 487). Dies war jedenfalls ihre übliche Vorgehensweise, aber ein gelegentliches Abweichen von ihrer vegetarischen Ernährung konnte aus verschiedenen Gründen vorkommen, z. B. wenn ein neuer Koch nicht wusste, wie man vegetarische Gerichte zubereitet.

Ellen White gab auch zu, dass sie in ihrer Jugendzeit sehr viel Fleisch gegessen hatte. Auch später noch kam dieser Appetit auf Fleisch in ihr hoch. Sie beschrieb das so: „Ich litt unter starkem Heißhunger. Ich war ein großer Fleischesser. Aber als ich im Begriff stand, schwach zu werden, legte ich meine Arme über meinen Bauch und sagte: ‚Ich werde keinen Bissen kosten. Ich werde einfache Nahrung essen, oder ich werde überhaupt nicht essen.‘ … Als ich diese Änderungen vornahm, hatte ich einen besonderen Kampf zu führen“ (2T 371). Trotzdem gab sie 1890 hinsichtlich ihrer Reisetätigkeit zu: „Wenn ich die Nahrung, die ich brauchte, nicht bekommen konnte, dann habe ich manchmal etwas Fleisch gegessen. Aber ich fürchte mich immer mehr davor“ (CTBH 117-118).

1894 kam eine Katholikin auf Ellen White zu und machte sie auf die Grausamkeit aufmerksam, mit der Tiere geschlachtet werden. Ellen White schrieb, dass sie sich „schämte und bedrückt war“ (Brief 73a, 1896), weswegen sie schließlich aufgrund ihrer ethischen Überlegungen und Tierliebe gänzlich auf Fleisch verzichtete.

Im gleichen Jahr 1894 schrieb Ellen White recht optimistisch über Siebenten-Tags-Adventisten: „Alle sind Vegetarier, viele verzichten ganz auf fleischliche Nahrung, während andere sie nur in geringem Maße zu sich nehmen“ (Brief 99, 1894). Das stellt natürlich eine interessante Definition für Vegetarismus dar. Für Ellen White war offensichtlich ein Vegetarier jemand, der gewohnheitsmäßig kein Fleisch isst, der aber gelegentlich einmal eine Ausnahme machen konnte. Für sie selbst legte sie einen strengeren Maßstab an und konnte 1908 bestätigen, schon viele Jahre kein Fleisch mehr gegessen zu haben (Brief 50, 1908).

Zusammenfassung
Die Themen Gesundheit und speziell Ernährung waren Ellen White sehr wichtig. Ihre Ratschläge, auf Fleisch zu verzichten, werden heute von der Wissenschaft bestätigt und unterstützt. Wir sollten ihre Empfehlungen beherzigen. Trotzdem gilt folgender Hinweis:

„Die Ernährungsreform ist eine Sache des gesunden Menschenverstands. Das Thema sollte umfassend und gründlich studiert werden. Niemand sollte andere kritisieren, weil ihre Praxis nicht in allen Punkten mit der eigenen übereinstimmt. Es ist unmöglich, eine allgemeingültige Regel für die Gewohnheiten aller aufzustellen, und niemand sollte meinen, der Maßstab für alle zu sein. Nicht alle können das Gleiche essen. Lebensmittel, die für den einen schmackhaft und gesund sind, können für den anderen ungenießbar oder sogar schädlich sein“ (MH 319-320).

Machen wir also das Essen nicht zur Religion! Versuchen wir aber gleichzeitig, uns gesund und ausgewogen „vegetarisch“ zu ernähren.

Eine ausführliche Fassung, die auch auf die Frage nach Eiern und Milchprodukten eingeht, findet sich auf unserer Homepage: https://www.ellenwhite.de/ellen-white-vegetarismus/.

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